Aus der Öffentlichkeit entfernt
Stigmatisierung als Methode
Der Begriff „Zivilgesellschaft“ wird derzeit gerne verwendet. Er steht für bürgerschaftliches Engagement und den Einsatz für das Gemeinwesen. Suggerieren soll der Begriff Pluralität, eine breite Beteiligung über diverse Grenzen hinweg und die Verankerung in der Gesellschaft. Was „die Zivilgesellschaft“ meint oder sagt, ist also „Volkes Stimme“ und damit leicht als allgemeingültig zu (v)erklären. Wer kann es da wagen, abseits zu stehen? Und was ist derjenige, der eben nicht Teil der Zivilgesellschaft ist oder eine abseitige Meinung vertritt? Ein Feind des Zivilen abseits des Menschlichen?
Diskriminierung im Sinne „des Guten“
Nicht umsonst wird „die Zivilgesellschaft“ gerne von denen ins argumentative Feld geführt, die Grenzen des Sagbaren definieren möchten. Abseits des Mainstreams ist eben außerhalb der Zivilgesellschaft. So lassen sich Andersdenkende als Außenstehende stigmatisieren. Sie in ihrer Freiheit einzuschränken, wird legitim. Schließlich schaden sie der (Zivil-)Gesellschaft. Außenstehende sollen, ja müssen aus dem öffentlichen Leben entfernt werden – wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich. Und so wird „die Zivilgesellschaft“ schnell zu einem Instrument der Diskriminierung.
Keine Legitimation zum Kulturkampf
Als Zivilgesellschaft werden oft Organisationen und Institutionen definiert, die sich für bestimmte Werte und Ideale einsetzen – eine Art Club der „Guten“. Doch diese „Guten“ haben eben häufig ein sehr enges Verständnis von Akzeptanz. Wer den vorherrschenden Narrativen dieses Clubs nicht folgt oder von deren akzeptierten Meinungen abweicht, wird schnell zum Außenseiter. Natürlich hat jede Organisation ein bestimmtes Ziel und das Recht, dieses Ziel mit den Menschen und Narrativen zu verfolgen, mit denen sie glaubt, dieses Ziel am besten erreichen zu können. Eine Legitimation zum Kulturkampf ist dies indes nicht. Eine zivilgesellschaftliche Gruppe muss akzeptieren, dass es auch andere Gruppen und Meinungen gibt, die durchaus den eigenen Zielen und Meinungen widersprechen dürfen. Das nennt sich Demokratie und ist genau jener Pluralismus, den eine echte Zivilgesellschaft verteidigen müsste. Das ist aber immer weniger der Fall.
Von Aktivisten instrumentalisiert
„Die Zivilgesellschaft“ wird stattdessen von immer mehr Aktivisten instrumentalisiert, um sie als homogenen Teil einer Gesellschaft umzudeuten, der sich am „Aufstand der Anständigen“ zu beteiligen hat – am Aufstand gegen alles, was rechts ist. Und was rechts ist, das definieren die besonders lauten Stimmen der selbsternannten Zivilgesellschaft. Wer es geschafft hat, als Stimme der Zivilgesellschaft wahrgenommen zu werden, der reklamiert die Deutungshoheit für sich, verfügt über die einzig legitime Wahrheit. Das ist der Mechanismus, den Aktivisten für ihren Kulturkampf gegen Andersdenkende benötigen.
Echokammer Leitmedien
Diese Dynamik führt dazu, dass viele Menschen Angst haben, ihre Meinung zu äußern. Statt eines offenen Dialogs erleben wir eine Atmosphäre der Zensur. Denn natürlich sind qua Definition auch die sogenannten Leitmedien Teil der Zivilgesellschaft. Viele Medien werden ohnehin von Verbänden oder Institutionen herausgegeben – über das breitgefächerte SPD-Medienimperium soll an dieser Stelle geschwiegen werden – oder sie werden von ihnen finanziert und beeinflusst. Die Leitmedien definieren sich entweder selbst als öffentliche Stimme der Zivilgesellschaft oder aber sie stehen mit deren Akteuren im engen Austausch. Sie werden gleichsam zur Echokammer der „gemainstreamten“ Zivilgesellschaft. Dass, was man den sozialen Medien, teils zurecht, vorwirft, gilt so gleichermaßen für die Leitmedien. Sie sind es, die ihrerseits den Diskurs verengen – eben mit dem Argument, dass dieses oder jenes Thema in der Zivilgesellschaft so gesehen und diskutiert werde. So entsteht ein diskursives Perpetuum mobile mit immer den gleichen Wiederholungen – die sogenannte „öffentliche Meinung“.
Hass und Hetze nur in den sozialen Medien?
Die sozialen Medien haben diesen Effekt verstärkt. Plattformen, die ursprünglich als Räume für freien Austausch gedacht waren, haben sich tatsächlich oft in echokammerartige Räume verwandelt. Hier wird die „zivilgesellschaftliche“ Meinung oft mit großer Vehemenz verteidigt, während Andersdenkende schnell als „Hassredner“ oder „Verwirrte“ abgestempelt werden. Der öffentliche Druck, sich anzupassen, ist enorm und führt dazu, dass viele Menschen ihre Stimme nicht erheben – aus Angst vor sozialer Ächtung.
Denn die Zivilgesellschaft hat die sozialen Medien ebenso für sich entdeckt wie radikale Aktivisten. Kaum ein Artikel in der Tageszeitung oder aus den Nachrichten, der nicht auch den Weg zu Facebook, X in Co. findet. Die sozialen Medien sind nicht wirklich sozial. Sie verstärken die Ausgrenzung, denn hier kann sich die Zivilgesellschaft individuell ausdrücken – in Form von Diffamierung, Boykottaufrufen und Hassrede. „Hassrede“ ist dabei kein Privileg „der Rechten“, im Gegenteil, das Prinzip der Verunglimpfung ist zum normalen Tagesgeschäft der Akteure der Zivilgesellschaft geworden, zumindest von dem Teil, der sich gerne als „Aktivist“ bezeichnet.
Pluralistische Inszenierung
Die Zivilgesellschaft, die sich als pluralistisch inszeniert, zeigt eine erschreckende Intoleranz – mit verheerenden Folgen für Andersdenkende. Die Zivilgesellschaft ist keineswegs die Unterstützung für Meinungsfreiheit, für die sie sich hält.
Es ist deswegen an der Zeit, den Begriff „Zivilgesellschaft“ kritisch zu hinterfragen und zu klären, ob wir wirklich eine Zivilgesellschaft wollen, die Vielfalt nur dann akzeptiert, wenn sie im Einklang mit den vorherrschenden Meinungen steht.
Falsches Bild der Realität
Ein Beispiel hierfür erlebt aktuell die Hentschke Bau GmbH. In einem sogenannten Policy Paper eines Instituts der Universität Leipzig wurde deren Engagement als „rechte Raumnahme“ und „Engagement für rechtsextreme Strukturen“ diffamiert. Zweifelslohne gehören „Forscher“ zur Zivilgesellschaft. Ebenso gehört der Bund der Antifaschisten zur Zivilgesellschaft, der in Teilen zu den „Recherchen“ des Policy Papers beigetragen hat. Wie verzehrt diese „zivilgesellschaftliche Perspektive“ ist, zeigt ein Blick auf die Realität: Denn Hentschke unterstützt in erster Linie Sportvereine, die Kinder- und Jugendarbeit sowie das Ehrenamt in der Region.
Hier zeigt sich beispielhaft, was die selbsterklärte Zivilgesellschaft meint, wenn sie Andersdenkende stigmatisiert: Es reicht nicht, Gutes zu tun, man muss auch ein „Guter“ im Sinne der Definition der Zivilgesellschaft sein. Eine Haltung, die echtes soziales und bürgerschaftliches Engagement gefährdet und das, was Zivilgesellschaft tatsächlich ist, ins Abseits zu drängen droht. Die Methode, Zivilgesellschaft eindimensional zu framen, ist der Anfang vom Ende des sozialen Miteinanders. Übrigbleiben würden nur eine linke Hegemonie und Meinungsmacht. Nicht anderes soll das Gerede von der Zivilgesellschaft erreichen.