Ein Kretschmer-Aus wäre nicht das Schlimmste
Bautzen braucht neue Perspektiven
Alle wollten Harris als neue US-Präsidentin und sie bekamen Trump. Alle gingen davon aus, dass sich die Ampel-Regierung weiter durchwurschtelt – Motto: lieber schlecht regiert als gar nicht – und sehen sich nun mit noch mehr Unsicherheit konfrontiert. Und alle gingen von einer Brombeer-Koalition in Sachsen aus, Hauptsache irgendeine Regierung ohne die AfD, und sei sie noch so wenig kohärent und politisch passend. Nun dürfen sich alle neu sortieren. Die oben gemeinten „alle“ sind vor allem die Herrschaften in den Parlamenten, in Verbänden und öffentlichen sowie halb-öffentlichen Institutionen. Jetzt allerdings sind tatsächlich alle betroffen – alle Bürger des Landes, der Region und der Stadt. Und genau für diese könnte mit dem Platzen der Illusionen etwas Gutes entstehen. Eine bessere Politik wird vielleicht möglich. Ein Kretschmer-Aus bietet neue Chancen für Bautzen.
Der amtierende Ministerpräsident Kretschmer steht an einem Scheideweg: Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Und dann? Wenn sich der Ministerpräsident ehrlich macht, erkennt er, dass es einen echten Neustart braucht. Bautzen und die Region haben von seiner Regierung kaum profitiert. Die Probleme der Region sind sämtlich ungelöst.
Für Bautzen eine Chance
Ein Wechsel an der Spitze wäre für Bautzen eine Chance. Im Strukturwandel sieht man, wie Bautzen unter der aktuellen Führung zurückbleibt. Essenzielle Projekte, wie der Ausbau der A4 und die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Bautzen-Görlitz, sind aus dem Maßnahmenkatalog gestrichen worden. Verkehrsprognosen zeigen: Der Bund wird die Finanzierung dieser Projekte nicht übernehmen, obwohl genau das von der Landesregierung suggeriert wurde. Bisherige Initiativen der Landräte, die Prioritäten neu zu setzen, wurden durch den Ministerpräsidenten blockiert.
Lobby für Görlitz, kein Interesse an Bautzen
Hinzu kommt, dass bei den Brombeer-Sondierungen kein CDU-Vertreter aus dem Landkreis Bautzen einbezogen wurde. Stattdessen sitzen neben dem Ministerpräsidenten selbst mit den Herren Conrad Clemens und Octavian Ursu, gleich drei CDU-Vertreter am Tisch, die allesamt als Interessenvertreter der Stadt und des Landkreises Görlitz gelten müssen. Eine weitere Entscheidung, die das Gefühl verstärkt, dass Bautzen unter Kretschmers Regierung keine Priorität hat.
Infrastruktur geht an Bautzen vorbei
Auch der Neubau und die Elektrifizierung der Strecke Görlitz-Cottbus-Berlin stehen im Fokus. Trotz hoher Kosten zeigt sich bereits in ersten Planungen, dass die vorgesehenen Mittel hinten und vorne nicht ausreichen. Ebenso problematisch ist die geplante Elektrifizierung über Kamenz, Hosena und Hoyerswerda, die 150 Millionen Euro verschlingen soll. Eine Konzentration auf die Hauptstrecken wäre effektiver – doch dafür fehlt Kretschmer der Wille zur Kurskorrektur.
LAB gefährdet wegen politischer Ignoranz
Besonders deutlich zeigt sich die Benachteiligung Bautzens an der Entscheidung für ein neues Großforschungszentrum. Trotz vieler Stimmen, vor allem der „unabhängigen“ Expertenkommission, für das „Lausitz Art of Building“ in Bautzen lenkte Kretschmer mit den Worten „Ich bin der Ministerpräsident dieses Freistaates“ die Entscheidung in Richtung Görlitz und das Deutsche Zentrum für Astrophysik. Nur durch Initiativen des Bundestagsabgeordneten Torsten Herbst, Staatsminister Thomas Schmidt und Landrat Udo Witschas besteht für Bautzen noch die Hoffnung, das „Living Art of Building“ in abgewandelter Form zu gewinnen. Kretschmer schwieg bisher zu diesem Thema, selbst bei Wahlkampfauftritten in Bautzen.
Doch auch das LAB ist nun gefährdet. Es fehlt der politische Wille in Berlin, und es fehlt an der Durchsetzungskraft der Landesregierung. Worauf nicht nur die TU Dresden mit ihrer herausragenden Bauingenieursfakultät und die heimischen Unternehmen hofften, könnte nun zu einem dezentralen Projekt werden, bei dem mehrere Länder kleinste Teile des Kuchens bekommen sollen und am Ende kaum Ergebnisse entstehen können. Ein bisschen Forschung hier, ein paar Studien da – selbst die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg mischen nun mit. Mit dem LAB hat das nichts mehr zu tun, ebenso wenig mit dem großen Wurf, der im Rahmen der Strukturwandelprojekte für die gesamte Lausitz erreicht werden sollte. Bautzen droht auch hier das Nachsehen. Statt eines Bau-Clusters und einer Entwicklung zur Forschungsregion droht ein weiterer Bedeutungsverlust – nicht nur Bautzens, sondern des ganzen Landes.
Kein anderes Land hätte es so nötig
In Dresden stürzt die Carolabrücke ein. In Bad Schandau wird eine Elbbrücke wegen ihres schlechten Zustandes gesperrt. Und Bautzen hat ein anerkanntes Ingenieurbau-Unternehmen, das in Zusammenarbeit mit der TU Dresden genau an Lösungen für solche Themen und Bauwerke forscht. In Bautzen steht eine Forschungsbrücke mit speziell eingebauter Technik, die Schäden an Brücken frühzeitig erkennen lässt. Bautzen ist auch Vorreiter in Sachen Carbonbeton und alternativer Bauweisen. Alles, was das LAB wollte und will, ist hier bereits in Ansätzen vorhanden: engagierte Unternehmen, Kooperationen mit Hochschulen, allen voran mit der TU Dresden, … Aber aus der Landesregierung kommt nichts – keine Unterstützung, keine Initiative.
Der MP brachte mehr Schaden als Nutzen
Die Bilanz des amtierenden Ministerpräsidenten zeigt: Für Bautzen brachte seine Führung mehr Schaden als Nutzen. Eine Neuwahl könnte die Chance bieten, mit einem neuen Ministerpräsidenten eine bessere Zukunft für die Region einzuleiten.
Gerade weil sich die Weltlage verändert, und gerade weil es nun auch im Bund einen Neustart gibt – zumindest ist dies zu hoffen – muss auch in Sachsen etwas Neues entstehen. Genug ist genug. Die Region Bautzen braucht einen Wechsel und eine Regierung, die die Zeichen der Zeit erkennt und das Engagement der Unternehmen sowie die Kompetenz der Menschen vor Ort würdigt.