Eine Lausitz ohne Bautzen
Ignoranz hängt die Region ab
Der Strukturwandel Lausitz findet weitgehend ohne Bautzen statt. Das Bauforschungszentrum LAB steht immer wieder auf der Kippe. Fördermittel und Projekte finden sich sowohl in der Stadt als auch im Landkreis Bautzen allenfalls in homöopathischen Dosierungen. Die Gewinner des Spiels um Milliarden für Investitionen und Projekte zur Verbesserung der allgemeinen Lebens- und Arbeitsbedingungen sind vor allem Cottbus und Görlitz.
Systematische Bevorzugung von Görlitz
Görlitz scheint besonders privilegiert zu sein, wenn es um Mittel aus dem Strukturwandeltopf geht. Hier hat der Ministerpräsident seinen Wahlkreis, hierauf legt er seinen Fokus. Darüber wurde nicht nur an dieser Stelle bereits hinlänglich berichtet. Der Ministerpräsident scheint nicht der Anwalt aller Bürger zu sein. Seine Leistungen für Bautzen sind jedenfalls überschaubar.
Anfang des Monats wurde bekannt, dass nun auch das Investitionsprogramm Schiene anlaufen wird. Insgesamt dreizehn Schienenprojekte werden gefördert und als Strecke ausgebaut oder elektrifiziert. Besonders zu erwähnen sind hier die Strecken Görlitz – Cottbus – Berlin und Dresden – Cottbus – Berlin. Von beiden Strecken profitieren auch umliegende Städte und Gemeinden wie Kamenz, Hoyerswerda oder Weißwasser.
Bautzen nur ein weißer Fleck
Bautzen hingegen profitiert Null. Die ebenso wichtige Strecke Görlitz – Bautzen – Dresden wird weder elektrifiziert noch ausgebaut. Wer sich die Karte des Schienennetzes und der geplanten Entwicklungsmaßnahmen anschaut, sieht einen großen weißen Fleck, in dessen Mitte Bautzen liegt. Fast könnte man meinen, die hier lebenden Menschen sind Bürger zweiter Klasse. Reisen sie nicht ebenso oft nach Dresden wie andere? Hat Bautzen nicht den anerkannt schönsten Bahnhof der Region, der sogar von privater Hand restauriert und modernisiert wurde und zurecht als Eingangstor zur Stadt gefeiert wird? Soll die Verkehrswende an Bautzen vorbei gehen? Hier wird eine ganze Region abgehängt – nicht nur in Sachen Mobilität, sondern auch in Sachen Wirtschaftsentwicklung und Fachkräfte.
Bürger zweiter Klasse?
Tausende Menschen pendeln zwischen Bautzen und Dresden, verkehren auf der Achse Dresden – Bautzen – Görlitz. Nicht alle können oder wollen das Auto nutzen. Für die Ansiedlung neuer Unternehmen und das Halten von Fachkräften in der Region ist diese Förder- und Infrastrukturpolitik eine Zumutung. Die vielen Projekte, die neu in Görlitz, Cottbus und Dresden entstehen, befeuern die Abwanderung zusätzlich.
Geteilte Lausitz
Bautzen ist Teil der Lausitz – ein wichtiger und erfolgreicher Teil. Doch Bautzen wird systematisch vernachlässigt, soll anscheinend den Preis zahlen, um insbesondere Görlitz als Standort weiter zu privilegieren. Das Prinzip, dass man in der Lausitz zusammenhält und sich gemeinsam den Herausforderungen der Zukunft stellt, wird infrage gestellt, wenn immer die gleichen Zentren profitieren und andere, anscheinend systemisch und bewusst, vernachlässigt werden.
Politisches Versagen
Legt man neben die Karte der geplanten Infrastrukturmaßnahmen Bahn eine Karte aller Projekte, die aus dem Strukturwandeltopf gefördert werden, ergibt sich fast das gleiche Bild: Görlitz und Cottbus als Oberzentren sowie zahlreiche kleinere Städte als Unterzentren werden bedacht, Bautzen hingegen erhält nur Krümel. Die Menschen und Unternehmen hier finden anscheinend kein Gehör in Dresden und Berlin. Letztlich ist dies auch das Versagen der lokalen Akteure. Sie müssen sich fragen lassen, warum sie nicht mehr erreichen konnten für ihre Heimat. Bautzen wird zur Innovations- und Infrastrukturwüste (gemacht).