11 Fragen an Jörg Drews
Herr Drews, Sie haben sich im Februar 2019 im Rahmen einer öffentlichen Diskussion als „besorgter Bürger“ bezeichnet – was genau meinen Sie damit? Was ist Ihre politische Überzeugung dahinter?
Ich bin bürgerlich-konservativ und würde mir eine Gesellschaft wünschen, wie sie im CDU-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2002 beschrieben wird. Hier spreche ich als Unternehmer und als Bürger. Ich setze mich mit meinem politischen Engagement sowohl für unternehmerische Freiheiten als auch für bürgerliche Freiheiten ein. Ich möchte, dass jeder erfolgreich werden kann und nicht vom Staat gegängelt wird. Ich möchte aber auch, dass der Staat die Interessen seiner Bürger schützt. Ich glaube an den eigenverantwortlichen Menschen. Die unkontrollierte und in manchen Teilen nicht rechtsstaatliche Massenzuwanderung der Jahre 2015 und 2016, die immer noch in Teilen anhält, gefährdet diese bürgerlichen Freiheiten und die nationalen Interessen.
Wie genau meinen Sie das? Was sind Ihre politischen Ziele? Was müsste anders laufen in der heutigen Politik?
Das Ziel sollte sein, die Gewährung von Asyl zu beschränken auf diejenigen, die wirklich und nachweislich verfolgt werden und hier eine realistische Chance haben, Asyl zu bekommen, und Zuwanderung zu ermöglichen für diejenigen, die unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft dringend als Fachkräfte und Spezialisten benötigt. Asyl sollte nur bekommen, wer auf legalem Wege und mit gültigen Papieren nach Deutschland eingereist ist oder seine Identität zweifelsfrei nachweisen kann. Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, wer sich in unserem Land aufhält. Und bei der Zuwanderung von Fachkräften brauchen wir endlich klare Regeln und Grenzen. Was wir gar nicht brauchen und auch nicht zulassen sollten, ist Migration in die Sozialsysteme. Und was wir auch nicht brauchen, ist eine blinde Multi-Kulti-Gesellschaft. Wir müssen schon die kulturellen Unterschiede sehen und unsere eigene Identität wahren, was absolut kein Widerspruch ist zu einer friedlichen und pluralistischen Gesellschaft.
Ich wünsche mir in dieser Debatte mehr Sachlichkeit, auch in der medialen Berichterstattung. Wann immer – gerade in Sachsen – etwas passiert, dann sind alle Sachsen „Rechte“, „Radikale“ oder gar Schlimmeres. Das schadet dem eigentlich starken Wirtschaftsstandort und den Unternehmen vor Ort. Die politische Linke wird aber nicht müde, den Mythos vom rechten Sachsen zu hegen und zu pflegen. Es gibt Dutzende Beispiele, wo durch Medien falsch berichtet wurde und nachher ganze Städte und Regionen an den Pranger gestellt wurden. Das haben wir in Bautzen erlebt und erleben es noch. Das ist auch der Punkt, der mich dazu bewogen hat, mich politisch zu engagieren.
In diesem Zusammenhang wehre ich mich vehement gegen Denk- und Meinungsverbote sowie mediale und politische Bevormundung. Jeder soll sich selbst eine Meinung bilden dürfen. Deswegen organisiere ich politische Veranstaltungen, bei denen durchaus kontrovers diskutiert werden kann. Und deswegen habe ich mich auch entschieden, bei der Kommunalwahl anzutreten und mich für die Interessen der Menschen vor Ort einzusetzen. Ich habe auch dank dieser Menschen, die in meinem Unternehmen arbeiten, die mich persönlich unterstützen oder die mein gesellschaftliches und soziales Engagement zu schätzen wissen, die finanziellen und ressourcentechnischen Möglichkeiten dazu. Dafür bin ich dankbar. So gebe ich etwas zurück.
Ihr Unternehmen, die Hentschke Bau GmbH, hat im Jahr 2017 einen Betrag von 19500,- Euro an die AfD gespendet. Was hat sie dazu bewogen?
Zunächst einmal haben wir auch an andere Parteien gespendet. Die meisten Spenden gingen an CDU-Kandidaten und CDU-Kreisverbände. Dies war auch der weitaus größte Teil der Parteispenden im Jahr 2017. Noch heute spenden wir an Parteien. Nur rund fünf Prozent unseres Gesamtaufkommens an Spenden und Sponsoring sind übrigens Parteispenden.
Die Spende an die AfD ist natürlich auch im Lichte der Entwicklung zu sehen. In der Zeit von 2015 bis 2017 war die AfD in sehr weiten Teilen wirtschaftsliberal und gesellschaftskonservativ. Im Gegensatz zu den etablierten Parteien übte die AfD als einzige Partei die dringend nötige Kritik an der europäischen Euro-Rettungspolitik, die letztlich zu einer Nullzinspolitik der EZB geführt hat, die Millionen deutsche Sparer beraubt und die gegen die Prinzipien einer europäischen Staatsfinanzierung verstößt. Wir leiden noch heute unter diesem Politikversagen der EU. Ich leite ein Unternehmen, in dem Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern arbeiten und ich möchte, dass sich jeder meiner Mitarbeiter hier wohl- und willkommen fühlen kann.
Warum sind Sie bei der Kommunalwahl für das Bürgerbündnis Bautzen angetreten?
Weil ich mich gerne für die Menschen vor Ort einsetzen möchte und den offenen Diskurs schätze. Ein lokales Bürgerbündnis erscheint da näher als eine bundesweit agierende Partei mit all den tradierten, langen Wegen und Prozessen und teilweise auch der Klüngelei. Mein Fokus gilt der Region. Ich möchte Politik vor Ort machen.
Aber weil das Thema der AfD-Spende ja immer wieder erwähnt wird: Ich habe mit weit mehr als 5.000 Stimmen das beste Ergebnis aller Kandidaten errungen und so mit dafür gesorgt, dass das Bürgerbündnis jetzt stärker im Stadtrat vertreten ist als vorher. Das beweist, dass meine Entscheidung richtig war und die Menschen hier mein Engagement schätzen. Wenn man so will, hat meine Kandidatur der AfD also sogar geschadet. Allerdings: Ich bin der Meinung, dass man mit der AfD als Partei – und vor allem mit den Bürgern, die diese Partei gewählt haben – weiterhin im Gespräch bleiben muss. Boykotte und Ausgrenzung helfen niemandem. Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden. Das sage ich auch im Hinblick auf meine eigene Vergangenheit in der DDR. Denkverbote, Kontaktverbote und politische Eintönigkeit führen nicht zu einer besseren Gesellschaft, sondern sorgen nur für mehr Widerstand. Deswegen bin ich offen für Gespräche mit allen Parteien, Fraktionen und jedweder Couleur.
Genau das bestreiten ja viele ihrer politischen Gegner. Warum zum Beispiel haben Sie im Mai bestimmte Medien nicht zur Berichterstattung über das Richtfest für den Bautzener Bahnhof zugelassen?
Meine „politischen Gegner“, wie Sie es nennen, sind meist Blogger, die für einen Zuwachs an Followern gern die Provokation suchen, oder gar Aktivisten aus der linksradikalen bis zur linksextremistischen Szene, die auch teilweise nicht vor Anschlägen auf unsere Baustellen zurückschrecken. Wir erleben Schmierereien, Sachbeschädigungen und sogar Brandstiftung. Unsere Mitarbeiter erleben Anfeindungen und ebenfalls Sachbeschädigungen an deren Firmenfahrzeugen. Aber das nur am Rande.
Um Ihre Frage zu beantworten: Das Richtfest am Bautzener Bahnhof ist, wie jedes Richtfest, eine private Veranstaltung für die Handwerker und die am Bau beteiligten Gewerke. Zu einer privaten Veranstaltung nehme ich mir die Freiheit einzuladen, wen ich möchte. Und das in Absprache mit allen beteiligten Unternehmen. Hier gibt es keinen politischen Hintergrund.
Gleichwohl unterstützen Sie sogenannte „alternative Medien“, etwa das Magazin „Denkste mit“ oder den Lokalsender Ostsachsen TV. Was bezwecken Sie damit? Den Aufbau einer Gegenöffentlichkeit? Wie sieht Ihr Engagement in diesen und für diese Medien aus?
Ich glaube, hier überschätzen Sie meine Rolle deutlich: Bei keinem der Medien arbeite ich als Redakteur mit, nehme Einfluss auf die Inhalte oder stehe im Impressum. Ich mache mir deren Inhalte weder formell noch persönlich zu eigen. Ich unterstütze sie nur, um eine pluralistische Medienlandschaft zu ermöglichen und Menschen auch andere Perspektiven zu eröffnen. „Denkste mit“ habe ich eine einmalige Anschubfinanzierung gewährt. Bei Ostsachsen TV hatten wir Bannerwerbung im Rahmen unseres Regional-Marketings geschaltet. Ostsachsen TV ist auch kein „alternatives Medium“, sondern ein Regionalsender, der allen Akteuren der Region eine Plattform bietet.
Bei Ihren politischen Veranstaltungen kommen auch Menschen zu Wort, etwa als Referenten, die in der Öffentlichkeit als „Verschwörungstheoretiker“ gelten. Wie weit darf Ihrer Meinung nach ein derartiger Diskurs gehen? Sind Sie da nicht zu unkritisch?
Keineswegs. Ich bin sehr kritisch. Ich bin aber auch kritisch, was die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien angeht und demgegenüber, was uns täglich als Meldungen aufgetischt wird. Zu meinen Veranstaltungen, die ich ja auch nicht allein organisiere, kommen Hunderte Besucher jedweder Couleur. Der Zuspruch und das Interesse sind sehr groß. Die Veranstaltungen sind offen für jedermann, der sich auch mal abseits des Mainstreams informieren möchte. Auch hier gilt, dass ich mir nicht jeden Inhalt zu eigen mache. Wir informieren und machen ein Angebot. Wir lassen alle Meinungen gelten und grenzen niemanden aus. Und wir arbeiten nicht mit Etiketten wie „Verschwörungstheoretiker“ oder „Rechter“, auch nicht mit Attributen wie „links“ oder was auch immer. Wir lassen einfach Meinungen zu und vertrauen dem mündigen Bürger, dass er sich selbst eine Meinung bildet. Auch hier wehre ich mich gegen Denkverbote und Meinungsdiktatur.
Ihre Veranstaltungen werden von einigen in der Stadt als Teil des Problems gesehen. Die Stadtgesellschaft wirkt gespalten. Wie schätzen Sie hier Ihr Engagement ein?
Ich erlebe keine gespaltene Stadtgesellschaft. Ich sehe nur, dass die Bürger der Stadt immer wieder in eine bestimmte Ecke gestellt werden und der oder die eine oder andere als politischer Akteur innerhalb der Stadt versucht, daraus Kapital zu schlagen. Das geht nicht selten mit persönlichen Beleidigungen und Angriffen einher – gegen mich persönlich, mein Unternehmen und mein soziales Umfeld. Dagegen werde ich mich auch weiterhin wehren. Ich selbst habe nie jemanden persönlich diffamiert und werde das auch zukünftig nicht tun. Ich stehe für Toleranz und Meinungspluralismus, für offenen Dialog und offenes Visier. Ich löse politische Differenzen gerne mit politischen Mitteln – persönliche Angriffe gehören da nicht dazu.
In dem Zusammenhang wird Ihnen auch immer wieder vorgeworfen, mittels zahlreicher Spenden Einfluss auf die Stadt und deren Politik zu nehmen. Was ist an diesen Vorwürfen dran?
In der Tat haben wir in den letzten Jahren jeweils mehrere Hunderttausend Euro an Einrichtungen in der Region Ostsachsen und darüber hinaus gespendet, die sich natürlich aus unserem Geschäftsergebnis und damit aus dem Fleiß unserer Mitarbeiter speisen. Das allerdings nie mit dem Ziel, Einfluss zu gewinnen. Wir sind ein soziales und engagiertes Unternehmen, das sich der Region verpflichtet fühlt. Wir möchten, dass Bautzen und die Region lebens- und liebenswert sind – nicht zuletzt aus dem Eigeninteresse heraus, geeignete Fachkräfte hier zu halten und zu gewinnen. Es ist uns wichtig, die Stadt und das Umland attraktiv zu halten und so auch unsere Mitarbeiter und deren Familienangehörige hier zu verankern.
So unterstützen wir die traditionsreiche Schulsternwarte, den heimischen Fußballclub Budissa Bautzen, Jugendfeuerwehren und Kindergärten, Einrichtungen der kulturellen und sozialen Jugendbildung, Sportvereine und Institutionen. Wir sind hier einer der größten Arbeitgeber und stehen zu unserer sozialen Verantwortung. Im Mittelpunkt stehen zumeist Kinder und Jugendliche, die hier die besten Entwicklungschancen haben sollen, damit sie in der Region bleiben und auch in Zukunft zufrieden leben können.
Und jetzt frage ich Sie: Was ist daran politisch? Wie sollte man mit der Unterstützung von Sportvereinen oder kulturellen Einrichtungen Einfluss gewinnen können? Das ist absurd. Wir tun Gutes – finanziell oder durch bauliche und logistische Unterstützung – und erwarten dafür keine Gegenleistung. Ausnahme: Sponsoring. Da bekommen wir als Unternehmen Sichtbarkeit durch Werbebanner oder Trikotwerbung. Das ist alles unpolitisch. Wir haben das in der Vergangenheit auch kaum an die große Glocke gehängt, weil wir es für selbstverständlich gehalten haben. Nun aber gehen wir dazu über, unser Engagement auch zu kommunizieren – auch, um den ganzen Vorwürfen und falschen Behauptungen etwas entgegenzusetzen.
Und lassen Sie mich noch eines ergänzen: Wir sind auch ein sehr sozialer und guter Arbeitgeber. Ich habe das Unternehmen in den vergangenen Jahren durch baukonjunkturell sehr schwierige Zeiten geführt; und niemals hat es für unsere Mitarbeiter irgendwelche Kürzungen ihrer Einkünfte gegeben, auch wenn dies im Umfeld gang und gäbe war. Wir gewähren viele freiwillige Lohn- und Gehaltszulagen, die auch dazu dienen sollen, dass die Menschen hier einen gewissen Wohlstand genießen können. Wir möchten, dass das Geld, das wir in der Region verdienen, auch in der Region bleibt.
Ein Vorwurf, der Ihnen auch manchmal gemacht wird, ist, dass Sie der Reichsbürgerbewegung nahe stünden. Was entgegnen Sie hier?
Das ist blanker Unsinn. Wir beschäftigen über 700 Mitarbeiter in ganz Deutschland. Wir haben immer versucht, mit eigenen Mitarbeitern statt mit Subunternehmern die höchstmögliche Wertschöpfung innerhalb unserer Projekte zu erzielen. Unser Unternehmen ist für unzählige öffentliche Auftraggeber tätig – für Kommunen, Kreise, Länder oder staatliche Unternehmen. Ich engagiere mich für die Gesellschaft – lokal und regional. Ich sitze im Rat der Stadt. Wie kann ich da Reichsbürger sein? Das ist schlicht unlogisch. Quatsch! Ein Reichsbürger lehnt diese Gesellschaft ab und tut alles, um sich von ihr zu distanzieren. Ich tue genau das Gegenteil. Ich bringe mich ein und versuche, die Gesellschaft zu verbessern.
In der Vergangenheit wurde Ihr politisches und persönliches Engagement oft in Zusammenhang mit Ihrem Unternehmen gebracht. Wie wollen Sie das zukünftig verhindern?
Gänzlich verhindern lässt sich das wohl nicht. Es gibt ja genug Akteure, die diese Vermischung immer wieder betreiben, um daraus Kapital zu schlagen und mich über das Unternehmen zu treffen versuchen. Aber natürlich haben wir auch kommunikative Fehler gemacht, die wir jetzt korrigieren.
Wir müssen das aber auch differenzieren. Ich bin und bleibe das unternehmerische Gesicht der Hentschke Bau GmbH. Ich bin stolz auf das, was unsere Mitarbeiter leisten. Wir sind in einigen Bereichen Technologieführer und Forschungspartner rund um Beton. Wir sind ein großer Arbeitgeber und haben wunderbare Mitarbeiter, die jeden Tag ihr Bestes geben. Wir bauen in vielerlei Hinsicht Brücken in die Zukunft. Wir engagieren uns für unsere Heimat und die Menschen, die hier leben, für unsere Geschäftspartner und die Mitarbeiter. Wir investieren kräftig und bauen Gebäude des öffentlichen Sozialwesens. Für all das stehe ich ein – auch mit meinem Namen und meinem Engagement. Ich bin Teil des Erfolges der Marke Hentschke Bau und möchte das auch weiter ausbauen und gestalten.
Aber ich werde mein politisches Engagement im Rat der Stadt Bautzen und meine politischen Veranstaltungen kommunikativ stärker vom Unternehmen Hentschke Bau trennen. Da, wo ich mich privat einbringe, als Bürger und Mensch, werde ich es auch privat öffentlich machen. Ich plane eine eigene Website und werde künftig sehr klar sagen, wo ich als Privatperson präsent bin und wo als Unternehmer.
Aber eines werde ich nicht tun: schweigen. Ich habe Überzeugungen, für die ich einstehe – sowohl als Unternehmer als auch als Bürger dieses Landes und dieser Stadt. Es muss möglich sein, Flagge und Gesicht zu zeigen, ohne dafür angegriffen zu werden. Sonst bekommen wir das, was wir vor 30 Jahren mit der DDR überwunden zu haben glaubten. Dafür stehe ich – mit Leidenschaft.